Unterrichtsmaterial Ethik Angewandte Ethik Gewalt & Gewaltlosigkeit Ferdinand von Schirach: „Terror“
Ferdinand von Schirach: „Terror“
In seinem Theaterstück Terror stellt Ferdinand von Schirach die Frage nach der Würde des Menschen. Darf Leben gegen Leben, gleich in welcher Zahl, abgewogen werden? Welche Gründe kann es geben, ein Unheil durch ein anderes, vermeintlich kleineres, abzuwehren? Was ist Gerechtigkeit? Und welche Bedeutung hat der Begriff „Würde“ für uns? Im Zuge der Erörterung dieser Fragen führt die vorliegende Fallanalyse zugleich ein in klassische Positionen der Moralphilosophie: die kantisch-deontologische Ethik und die utilitaristische Nutzenabwägung. Schirachs Drama ist so aktuell wie umstritten. Es macht die Zuschauer zu Richtern. Skizziert wird ein fiktiver Rechtsfall. Major Lars Koch steht vor Gericht. Der Pilot eines Kampfjets der Bundeswehr schoss einen mit 164 Menschen besetzten, von einem Terroristen gekaperten Lufthansa-Airbus ab, um 70.000 Menschen in der Allianz-Arena in München zu retten, in welche der Lufthansa-Airbus zu stürzen drohte. 86, 9 % der ARD-Zuschauer, die Ferdinand von Schirachs Drama „Terror“ im Fernsehen sahen, votierten in Kochs Fall für „nicht schuldig“. Seit dem 11. September 2001 stellt die Überlegung, wie mit einem entführten Flugzeug umzugehen sei, das als Waffe gegen Zivilisten eingesetzt wird, kein Gedankenexperiment mehr dar. Es ist die Reflexion einer realen – obgleich eher unwahrscheinlichen – Realität. Während von Schirachs Drama von der Presse als Ereignis gefeiert und als Anstiftung zum moralischen Diskurs gewürdigt wird, äußern vor allem Juristen Kritik. Im Fokus steht dabei die Auslegung des Luftsicherheitsgesetzes. Dieses wurde 2005 im Bundestag verabschiedet und erlaubte den Abschuss entführter Flugzeuge – als letztes Mittel. Gegen dieses Gesetz wurde erfolgreich Verfassungsklage eingereicht. In der Folge entfiel der Passus. Die ehemaligen Bundestagsabgeordneten Gerhart Baum und Burkhard Hirsch, welche damals die Klage beim Bundesverfassungsgericht einreichten, kritisieren nun, dass von Schirach nicht klar Position beziehe und so die Werte unserer Verfassung aufs Spiel setze. Die starke Vereinfachung einer komplexen Thematik im Drama sowie die ausschließlich bipolare Lösungsmöglichkeit verführten den Zuschauer zum Freispruch. Dieser aber sei falsch – rechtlich wie moralisch. Auch rechtsphilosophische Positionen werden in dieser Einheit erörtert. Hier bietet sich die Diskussion des Stellenwertes des übergesetzlichen Notstandes gegenüber der Verfassung an. Die vorliegende Einheit, erschienen in RAAbits Ethik/Philosophie, konzipiert für die Sekundarstufe II, lädt zu kontroversen Diskussionen ein. Zugleich verdeutlicht sie, dass Philosophie nicht im Elfenbeinturm stattfindet und eine fundierte, philosophisch gestützte Position auch die Beteiligung an und die Durchdringung von Alltagsdiskussionen ermöglicht.
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